Dienstag, 27. Oktober 2009

Gärtnern ist keine Idylle

Welcher Schwächling muss dran glauben?

Zu meiner Frühstückslektüre gehört neben einer aktuellen Tageszeitung das österreichische Nachrichtenmagazin "Profil". Überraschenderweise stieß ich in einem Interview mit dem Regisseur Lars von Trier auf das Thema Garten:

profil: Sie beschäftigen sich privat viel mit Ihrem Garten, aber ich habe den Verdacht, dass das für Sie auch kein Idyll ist.

Lars von Trier: Man denkt immer, Gärtnern sei so erholsam. Aber was man wirklich tut: Man ist eine Art Hitler im eigenen Garten. Erst räumt man alles weg, dann pflanzt man Samen, und wann immer ein Halm kommt, entscheidet man, welche Rasse man züchtet. Wenn etwas wächst, bringt man zuerst die Schwachen um. Und am Ende bringt man alle um - und isst sie.
(profil, Nr. 44, 40. Jg., 23. Oktober 2009)


Eigentlich wollte ich ja jetzt in den Garten - aber nun bin ich unsicher, ob ich dieses Schlachtfeld noch guten Gewissens betreten kann;-)

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Sitzplatz im Kräutergarten

Im sogenannten Kräutergarten dachte ich anfangs, alle Kräuter unterbringen zu können. Da hatte ich meine Leidenschaft für Kräuter schwerstens unterschätzt. Darüber habe ich hier schon einmal geschrieben.

Nach einem Jahr gestaltete ich das kleine Fleckchen radikal um und gönnte uns einen kleinen Sitzplatz dort.

Der Kräutergarten ist nach Süden ausgerichtet, die Wand dahinter speichert die Wärme recht gut. Deswegen genießen wir hier gerne die ersten warmen Stunden nach dem Winter oder die letzte Abendwärme.

Im Frühling wirkt alles noch recht übersichtlich.

Im Mai beginnen die Rosen im Kräutergarten zu blühen. Die Rugosa-Rose Moje Hammarberg direkt vor den beiden Stühlen gewinnt jedes Jahr das Rennen um die erste geöffnete Blüte.

Dann bietet sich einem dieser Blick: Die ersten Rosenblüten direkt vor der Nase zum ausgiebigen Beschnüffeln, begleitet von unzähligen Knospen der The Fairy links davon, die etwas später mit der Blüte beginnt, dann aber bis zum Frost durchblüht. Und im Hintergrund passen schon die Lavendelknospen auf den richtigen Zeitpunkt.

Kurze Zeit später sitzt man dann für ungefähr einen Monat zwischen Rosen-Blütenwolken. Abgesehen von der Donau im Rücken schieben alle Rosen immer wieder Blüten nach.

Dann beginnen die Lavendel mit ihrer langen Blütezeit und die direkte Sicht vom Sitzplatz aus verändert sich - links The Fairy, dahinter die Lavendelblüten in Blau und Weiß. Rechts neben den Stühlen schieben sich die zartgelben Blüten des Griechischen Bergtees noch ins Bild. Wieder sitzt man schnuppernd auf dem kleinen Platz. Da bei uns stets ein leichtes Lüftchen weht, dominiert einen Monat lang der Lavendel das Duftgeschehen.

Nur kurze Zeit später beginnen die Echinaceen mit ihrer Blüte. Dazwischen schieben sich immer irgendwo Blüten oder Samenstände des Mutterkrauts hoch. Die Königskerzen, Verbascum chaixii Sixteen Candles, inzwischen auch über einen Meter hoch, stehen schon in den Startlöchern.

Langsam wird's immer enger im Kräutergarten. Wer nicht weiß, wo der Zugang zu den Stühlen verläuft, tut sich schon schwer, ihn zu finden. Die Nachtkerzen beginnen mit ihrem allabendlichen Spektakel. Man sollte sich die Zeit nehmen, das langsame Öffnen ihrer Blüten zu beobachten. Nach dem Öffnen verströmen sie einen betörenden Duft.

Links von den Stühlen wird's auch immer dschungeliger. Dort wachsen Weinraute, Wermut, Echinaceen, Bilsenkraut, Verbena hastata, Rosmarin, Rainfarn und andere Pflanzen recht unkontrolliert in die Höhe und Breite.
Ach ja, hier zwischen Herzgespann (links), das um die zwei Meter hoch ist und ein toller Insektenmagnet ist, und Beifuß (recht), der noch höher wird, verläuft ein kleiner Trampelpfad. Doch den muss ich im Laufe der Sommers mehrmals freischneiden.

Hier geht gar nichts mehr. Der Nordische Stechapfel, Datura stramonium, hat sich zwischen den Trittplatten ausgesät und darf bleiben. Bis zum Oktober wird er eine stattliche Höhe und Breite erreicht haben.

Wie gut, dass der Duft-Sitzplatz auf mehreren schmalen Pfaden erreichbar ist.

Freitag, 16. Oktober 2009

Das Wort zum kalten Wochenende

Man suche angenehme Gesellschaft.

Erkunde das Gegenüber auf's Genaueste - Abchecken, heißt das heutzutage.

Wenn die vertrauensbildenden Phase einen guten Verlauf nimmt, suche man die kuschelige Wärme des Gegenübers ...

... und gehe auf Tuchfühlung.

Bei so viel Kälte gleite man nahtlos in die heiße, exzessive Phase über. (Anmerkung: Ich weiß jetzt, wo das Wort 'Schneckentempo' wirklich herkommt - die "heiße Phase" hat sich über den ganzen Nachmittag gezogen.) Da ja Wochenende ist, genieße man diese ausgiebig.

Und dann?

Jeder ziehe wieder seiner Wege.

Oder auch nicht.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Herbst? Nein, Winter.

Der Wintereinbruch steht kurz bevor. War vor einer Woche noch Schwitzen in Shorts und Sandalen angesagt, heißt's jetzt: warme Schuhe, Socken, lange Hosen, dicke Pullis und am besten auch noch eine Haube gegen den schneidenden Sturm aus Norden.

Meinen Pflanzen gefällt das genauso wenig wie mir. Also bin ich seit Tagen am Einräumen und Ernten - bei eisigen Temperaturen und stürmischem Nordwind. Sehr unlustig.

Das viele Gemüse, das noch draußen hängt, will aber jetzt geerntet werden. Die Chilis und Paprikas lassen schon ihre Blätter hängen, die Tomaten befinden sich in Schockstarre.

In der Küche herrschen schlachtfeldgleiche Zustände: Es werden Tomaten eingekocht, eingefroren und getrocknet.

Einige davon kommen umgehend zusammen mit mediterranen Kräutern und einer Knoblauchzehe in Olivenöl.

Unmengen von Paprikas harren ihrer Bestimmung. Also habe ich in den letzten Tagen viele von ihnen abgenommen, mit vegetarischem Innenleben versehen und in die Gefriertruhe gesteckt. So geht das Kochen im Winter recht schnell. Schöne Aussichten, bleibt mehr Zeit zum Seifesieden!

Die Paprikas habe ich nach dem Füllen einzeln eingefroren, erst wenn wie gefrostet sind, kommen sie in Gefrierbeutel, so kann ich sie einzeln entnehmen.

Die Hörnchenkürbisse hängen voller kleiner Früchte. Da wir nicht alle in Salaten und Eintöpfen essen können, habe ich versuchsweise mal einige Gläschen davon in einem milden Essig mit vielen Kräutern, Knoblauch und ein paar Chilis eingelegt. Gekostet werden kann erst in einigen Wochen, solange müssen die kleinen Kürbisse durchziehen.

Apropos Chilis: Die Armen sind jetzt so richtig in Hochform. Nutzt alles nix, auch sie müssen geerntet werden. Einige Gläser habe ich noch in Essig mit ganz vielen Kräutern eingelegt, einige größere mittelscharfe Chilis mit der gleichen Fülle wie Paprikas gefüllt und eingefroren. Die werden im Winter zusammen mit den gefüllten Paprikas in einer Tomatensoße serviert. Den Rest werde ich dann wohl noch in den nächsten Tagen zu Chili-Pasten verarbeiten.

Die letzten Teekräuter musste ich auch ernten, bevor der Frost meine heißgeliebten Zitronen- und Minzverbenen erwischt.

Die geernteten Quitten lasse ich noch eine Woche stehen - es duftet himmlisch! Bis dahin sollte ich überlegen, was ich damit anstelle - Gelee, Likör, Schnaps?

Jeden Tag wird's nun noch kälter, die Nachttemperaturen nähern sich dem Nullpunkt, im Wienerwald soll's demnächst den ersten Schnee geben. Der Sturm pfeift seit gestern um's Haus, so auch jetzt wieder. Hoffentlich geht's diesmal glimpflicher ab als beim letzten Sturm im August. Unser Marillenbaum hat leider trotz sofortiger Stützmaßnahmen und behutsamem Rückschnitt nicht überlebt. Schon seit vielen Wochen steht er kahl und braun da. Wir werden im Frühling wohl einen neuen pflanzen.

Und nun ist's Zeit für eine Kanne Tee und ein schönes Feuerchen im Kamin. Das sind die Vorteile am Winter.

Montag, 5. Oktober 2009

Höllenfeuer

Sie kam mit der Post, die kleine rote Hölle. Bei "ihr" handelt es sich um die Bhut Jolokia, auch unter den Namen Bih Jolokia, Naga Jolokia u.a. bekannt, die derzeit schärfste Chili der Welt.

Erst mal wurde sie neugierig ausgepackt. Sie sah so harmlos aus. So normal. Eigentlich recht hübsch anzusehen, wie sie da in der Küche einige Tage lag. Immer wieder warfen wir ein Auge auf sie. Irgendwie ist sie ja schon ein klein wenig Respekt einflößend. Wir umschlichen sie wie Jäger ihre Beute. Die ausgiebige Inspektion der Hölle wurde dann wohldurchdacht lieber auf's Wochenende verlegt. Vorsichtshalber. Man weiß ja nie, wie lange man dort festgehalten wird.

Und dann die Fragen: Wie verkostet man diese höllisch scharfe Chili? Was wäre ein passabler und vor allem auch angemessener Weg, dieses gemeine Ding mit den Geschmacksnerven in Verbindung zu bringen? Einfach auf einem Stückchen rumkauen? Und wie klein muss dieses Stückchen sein, so richtig winzig? Wenn's aber gar so winzig ist, worauf soll man dann herumkauen? Oder lieber einfach nur ein wenig die Zunge ranhalten - wäre das noch angemessen? Hm...

Mein Schatz, mein liebster Vorkoster, hat sich für den Beginn für letztere Variante entschieden. Erstmal wurden Latexhandschuhe übergestreift und das große Schlachtermesser ausgepackt.

So sieht es also im Inneren der Hölle aus. Eigentlich nicht so ungewöhnlich.

Was für eine hinterhältige Irreführung!

Schon kurz nach dem Aufschneiden verbreitete sich in der Küche ein feiner Duft nach Chili - allen wohl vertraut, die schon öfter Chilis in größeren Mengen verarbeitet haben. Aus diesem feinen Duft wurde ganz schnell eine böse stechende Wolke. Unsere Nasen liefen, die Augen wurden leicht gerötet, Taschentücher wurden gezückt, um den vielen "Hatschi!"s Einhalt zu gebieten.

Mein allerliebster Vorkoster hat es dann gewagt, sich, nach einer Viertelstunde des Niesens und Schneuzens, mit der Zunge an ein winziges Stückchen der Bhut Jolokia heranzutasten. Ganz schnell war die Zunge wieder im Mund. Es würde höllisch stechen, meinte er nur und nieste.

Nochmals eine Kunstpause. Dann war es soweit. Er wagte es, dieses winzige, schon zungenbetastete Stückchen Hölle zu kauen und gar noch zu schlucken. Es sei einfach nur scharf, so scharf, so scharf. Es gibt ja Chilis, die durchaus noch viele Geschmacksnuancen in sich bergen, in der Hölle ist erwartungsgemäß nur Feuer.

Und ich? Ich gestehe: Ich habe es beim Kosten per Luft - sprich, beim Einatmen all des herumschwirrenden Capsaicins - belassen. Vorerst. Mein allerliebster Vorkoster hat sich am selben Abend noch todesmutig noch zwei klitzekleine Stückchen in seine Spaghettisoße gemischt. Entweder das war nicht mehr ganz so schlimm, weil die Chili erwärmt war - oder seine Geschmacksnerven waren schon taub. Das Niesen blieb nämlich aus.

Jetzt liegt die angeschnittene Chili erst mal zum Trocknen am sonnigen Fenster. Dieses umgehe ich derzeit großräumig.